von Birte Gerber, Bianca Mundt und Ines Rabe
Im Wintersemester 2001/2002 wurde am Fachbereich Bibliothek und Information der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg unter der Leitung von Prof. Dr. Ute Krauss-Leichert das Seminar "Existenzgründung - eine Alternative für Informationsspezialisten?" im Schwerpunkt Informationspraxis angeboten. Im Rahmen dieses Seminars befragten Studenten Information-Broker zu ihrer Selbständigkeit. Der Beruf des Information Brokers sollte untersucht werden, um die Situation in der Realität aufzeigen zu können. Ist es heutzutage erstrebenswert, in dieser Branche den Weg in die Selbständigkeit zu wählen?
Um dies herauszufinden, wurden 89 Informationsspezialisten befragt. Die Adressen stammen aus der DGI-Liste sowie aus eigenen Recherchen. Die Fragebögen wurden per E-Mail versandt. Befragungszeitraum war vom 12. bis 28. November 2001.
Ergebnisse der Befragung
Insgesamt gab es 31 Rückmeldungen auf den Fragebogen, das entspricht einer Rücklaufquote von 34,8%.
Aus unterschiedlichen Gründen konnten 10 Antworten nicht verwendet werden.
Somit waren 21 Antworten verwertbar, was einer verwertbaren Quote von 24% entspricht.
Welche Ausbildung haben die Information-Broker?
Ein Ziel dieser Studie war es, herauszufinden, welche Aus-, Fort- und Weiterbildungen die selbständigen Information-Broker gemacht haben, da daraus auf verschiedene Einstiegsmöglichkeiten in den Beruf geschlossen werden kann.
Auffallend ist die weite Streuung der Fachgebiete. Der größte Teil der Befragten hat ein abgeschlossenes Studium, allerdings haben nur drei der Teilnehmer ein für die Fachrichtung Informationsvermittlung typisches Studium abgeschlossen. Einige haben Ausbildungen in einer ganz anderen Branche absolviert bzw. Tätigkeiten in einer fachfremden Branche ausgeübt.
Circa die Hälfte der Befragten hat ein Studium im technischen oder naturwissenschaftlichen Bereich abgeschlossen. Der Anteil der Befragten, die ein wirtschaftswissenschaftliches Studium abgeschlossen haben, liegt bei 24%.
Anhand der Frage nach Fort- und Weiterbildungen wollten wir erfahren, ob zusätzliche Schulungsleistungen wahrgenommen wurden. So konnte neben der Ausbildung auf weitere Einstiegsmöglichkeiten in den Beruf geschlossen werden. Mehrfachnennungen kamen vor.
Fort- und Weiterbildung | Nennungen |
Datenbankschulung eines Hosts | 8 |
Eigeninitiative | 4 |
Qualifizierung zum e-commerce Manager | 1 |
Rechercheseminare | 4 |
Existenzgründungsseminar | 1 |
techn. Betriebswirt | 1 |
diverse Weiterbildungen | 2 |
keine Weiterbildung | 4 |
keine Angabe | 1 |
Zusammenfassend wurde bezüglich der Qualifikation festgestellt, dass ein Großteil der Befragten die Recherchekenntnisse durch Datenbankschulungen und Rechercheseminare erworben hat.
Warum ein eigenes Unternehmen?
Mit der Frage zur Gründungsidee wollten wir herausfinden, was der ausschlaggebende Grund für die Existenzgründung war. Die Antworten hierzu waren sehr unterschiedlich, beschränkten sich aber hauptsächlich auf drei Punkte, und zwar auf die Beeinflussung durch eine vorherige Tätigkeit, einen Weg aus der Arbeitslosigkeit finden und den vorhandenen Bedarf am Arbeitsmarkt.
Besteht schon länger ein Markt für diesen Beruf? Um dies zu ergründen, wurde danach gefragt, in welchem Zeitraum Information-Broker anfingen, sich selbständig zu machen.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich ein Großteil der Information Broker Mitte/Ende der 90er Jahre selbständig machte. Auffallend ist, dass kein Unternehmen vor den 80er Jahren gegründet wurde.
Qualifikation als Information Broker
Viele der Befragten hatten eine Ausbildung in einem anderen Bereich gemacht bzw. Wege aus der Arbeitslosigkeit gesucht. So verwundert es nicht, dass der Großteil (16) der Befragten keine Qualifikation im Informationsvermittlungsbereich hat, Qualifikationen wurden durch Weiterbildungen angeeignet. Unter den Befragten befanden sich lediglich ein Diplom Bibliothekar, ein Bibliotheksassistent sowie zwei qualifizierte Mitarbeiter, deren Qualifikation nicht näher genannt worden ist.
Ist der Verdienst ausreichend?
Um herauszufinden, ob sich die Selbständigkeit in diesem Berufszweig wirklich rentiert, wurde nach den Verdienstmöglichkeiten gefragt.
Wie erwartet, wollte sich zu den genauen Verdienstmöglichkeiten niemand konkret äußern, es wurde meist nur angegeben, ob der Verdienst gut, befriedigend oder schlecht ist.
Der Großteil der Befragten stufte die Verdienstmöglichkeiten als gut ein.
Hier einige exemplarische Aussagen der Befragten:
Dass das Einkommen tatsächlich ausreicht, lässt sich auch daran erkennen, dass die Information-Broker die Frage nach parallel zur Tätigkeit ausgeübten Aktivitäten zum größten Teil verneinten. Als vorsichtige Schlussfolgerung lässt sich aus diesem Ergebnis schließen: Vom Information-Brokering lässt sich leben.
Welche Aufgaben übernimmt der Information-Broker?
Wie zu erwarten, ist die Informationsrecherche die am häufigsten angebotene Dienstleistung. Auch die Aufbereitung von Informationen ist häufig anzutreffen. Die weiteren Dienstleistungsangebote sind weit gestreut auf unterschiedliche Gebiete, von Übersetzungen über bibliothekarische Aufgaben bis hin zur Informatik. Buchveröffentlichungen, Entwicklung von Websites, Retro-Katalogisierung, Übersetzungen, Erstellung von Bibliographien und Manuscript Review sind weitere genannte Tätigkeitsfelder.
Aber inwieweit sind die befragten Unternehmen mit dieser Arbeit ausgelastet? Die Ermittlung von Mitarbeiterzahlen eines Unternehmens sollte Aufschluss darüber geben. Wie erwartet handelt es sich bei den meisten der befragten Unternehmen um Kleinstbetriebe mit nur einem Mitarbeiter. Der Trend geht zum freien Mitarbeiter, was daran liegen kann, dass es sich um eine Branche handelt, die von einem festen Kundenstamm bzw. projektbezogenen Recherchen abhängig ist.
Aber wie sieht nun der Kundenstamm eines Information-Brokers aus? Aus welchem Bereich stammen die Kunden? Die Frage zielt auf die Erkenntnis ab, ob sich der selbständige Information-Broker auf feste Einnahmen verlassen kann.
Auffällig ist, dass ein großer Teil der Kunden, die die Dienste eines Information-Brokers in Anspruch nehmen, aus Wirtschaft und Industrie stammen. Mittelständische und Kleinunternehmen stellen einen weiteren Teil der Kundschaft dar. Die Unternehmensberatungen sind ebenfalls ein wichtiges Kundensegment. Auch die Forschung und wissenschaftliche Einrichtungen finden sich häufig als Kunden der Information-Broker.
Die große Mehrheit der befragten Information-Broker hat sich im Laufe ihres Berufs einen festen Kundenstamm aufbauen können.
Fazit und Ausblick
Anhand der Befragung ist es nun möglich, die Arbeitsbedingungen des selbständigen Information-Brokers genauer zu definieren.
Die befragten Information-Broker offenbarten ein breites Spektrum an Lebensläufen und Tätigkeiten innerhalb ihres Berufes. Nur ein kleiner Teil von ihnen hat eine explizit auf die Informationsrecherche, -aufbereitung und -vermittlung zugeschnittene Ausbildung; Quereinsteiger und durch vorherige Beschäftigungsverhältnisse Interessierte dominieren in diesem Berufszweig. Meist haben die Information-Broker durch ein Studium oder eine Ausbildung Fachwissen auf einem bestimmten Gebiet erworben, in dem sie für Kunden recherchieren. Hauptsächlich sind sie als Ein-Personen-Betrieb für Wirtschaft und Industrie tätig. Entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg und die Sicherung des Einkommens ist auch ein fester Kundenstamm, den sich die Infobroker im Laufe ihrer Tätigkeit aufbauen konnten.
Bibliothekare, die als freie Information-Broker ihr Glück versuchen wollen, werden deswegen anfänglich eine wirtschaftliche Durststrecke in Kauf nehmen müssen, da ein fester Kundenstamm wohl den Garant für ein geregeltes Einkommen darstellt. Weitere Probleme stellen sich für sie dahingehend, dass viele der Infobroker aus einem oftmals naturwissenschaftlichen Studium Kapital schlagen und für Firmen aus diesen Bereichen tätig sind, was der normale Bibliothekar durch seine Ausbildung wohl nicht sofort zu leisten imstande ist.
Der "typische" Information-Broker existiert nicht, da die in diesem Feld tätigen Personen die unterschiedlichsten Kundenkreise bedienen und sehr verschiedene Ausbildungen genossen haben.
Die Adressenliste zur Befragung, die Auswertung und weitere Information rund um die Existenzgründung in Zusammenhang mit unserem Seminar ist unter http://hugin.bui.haw-hamburg.de/existenz/ zu finden.
Birte Gerber, Bianca Mundt, Ines Rabe sind Studentinnen der
Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Grindelhof 30
D-20146 Hamburg