B.I.T.online - Zeitschrift für Bibliothek, Information und Technologie

Wir wollen’s wissen –

Eine Online-Befragung der Universitätsbibliothek
der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg

von Olga Goihl und Anja Linke

Ausgangssituation

Befragungen stellen ein bewährtes Instrument in der Marktforschung dar und werden seit langer Zeit auch in Bibliotheken zur Leistungsmessung und Ermittlung von Kundenzufriedenheit eingesetzt. Dabei wird in den letzten Jahren immer öfter der Online-Fragebogen als Erhebungsinstrument gewählt(1). Auch die Universitätsbibliothek der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg (HSU) hat bereits einige Erfahrungen auf dem Gebiet der Meinungsforschung gesammelt – die 2002 durchgeführte Kundenbefragung lieferte wertvolle Informationen über das Nutzerverhalten und die Schwachstellen im Angebot. Es handelte sich um eine traditionelle Befragungsform: Methodische Grundlage bildete die Befragung der nordrhein-westfälischen Universitätsbibliotheken(2), auch deren Printfragebogen wurde weitgehend übernommen. Befragt wurden als primäre Zielgruppe nur universitätsinterne Kunden(3). Die Planung sah ursprünglich vor, die Befragung regelmäßig zu wiederholen. Die veränderte personelle Situation in den darauf folgenden Jahren erforderte aber eine andere Prioritätensetzung, so dass die nächste Kundenbefragung auf unbestimmte Zeit verschoben werden musste.

Online-Befragung 2009: Ein neuer Versuch

Seit 2008 wird in der UB der HSU das erneuerte Marketing- und Kommunikationskonzept umgesetzt. Sein Hauptanliegen ist es, die Kunden in den Planungs- und Entwicklungsprozess einzubeziehen. Zu diesem Zweck wurde bereits ein Beschwerdemanagement eingerichtet(4), aber auch im Alltag bemühen sich die Bibliotheksmitarbeiter um einen Dialog mit dem Kunden. Ein weiterer Schritt dieser Politik bestand in der Durchführung einer Kundenbefragung.

In den sieben Jahren seit der letzten Befragung erlebte die Universitätsbibliothek der HSU zahlreiche Neuerungen: Sowohl die räumliche Aufteilung als auch das Dienstleistungsangebot wurden erheblich verändert. So wurden z.B. die einzelnen Fakultätsbibliotheken zusammengelegt, eine Reihe neuer elektronischer Dienste kam hinzu, eine Medienwerkstatt und Zeitungsleseecke wurden eingerichtet. Vor allem aber veränderte sich die Erwartungshaltung der Kunden: Ihre steigende Informationskompetenz und immer weiter wachsende Akzeptanz der neuen Medien führten zur verstärkten Nutzung und als Folge zum Ausbau der Online-Angebote der Bibliothek. Unter diesen Umständen schien die bloße Wiederholung der Befragung aus 2002 wenig sinnvoll; ein neues, an die veränderten Bedingungen angepasstes Konzept musste her.

Die Gestaltung und Durchführung einer Befragung beeinflussen auch das Image einer Bibliothek in der Wahrnehmung ihrer Kunden. Aus diesem Grund haben wir uns für die Online-Form entschieden, denn „Online-Umfragen sind eine natürliche Fortsetzung der interaktiven Kommunikationsformen im Internet“(5), und diese bestimmen in hohem Maße das (Selbst-)Bild der Universitätsbibliothek der HSU als modernen Informationsdienstleister. Ein weiterer wesentlicher Grund für den Einsatz dieser Form war die einfache Erreichbarkeit aller Nutzertypen (Viel- und Wenig- als auch Vor-Ort- und Internetnutzer). Dabei konnten wir dank einer anonymen Teilnahme und fehlendem Einfluss durch den Interviewer mit einer hohen Objektivität der Ergebnisse rechnen. Die rein pragmatischen Vorteile wie Kosten- und Zeitersparnis, automatisierte Datensammlung und -auswertung, zusätzliche Funktionen wie Filterführung und Echtzeitstatistik waren zwar nicht entscheidende, aber dennoch wichtige Faktoren der Instrumentenauswahl.

Erhebungsdesign

Bevor wir an die Auswahl der geeigneten Software gehen konnten, musste der Rahmen der Befragung festgelegt werden. Ausgangspunkt der Planung waren folgende Fragen(6):

  • Was soll mit der Befragung erreicht werden?
  • Wer soll befragt werden?
  • Was wollen wir wissen?
  • Was wollen wir durch die Befragung kommunizieren?
  • Wie soll befragt werden?
  • Wie wird ausgewertet?

Das Hauptziel der Befragung bestand in der Gewinnung von Ansätzen für die Weiterentwicklung der Bibliothek. Es sollte keine typische Zufriedenheitsbefragung werden, die nur den aktuellen Stand der Dinge bewertet. Vielmehr ging es uns um die Ermittlung der zukunftsgerichteten Vorstellungen und Bedürfnisse der Kunden, eine strategische Nutzung der Erkenntnisse stand also im Vordergrund. Dennoch sollte die Befragung auch Hinweise auf mögliche Lücken im Angebot liefern. Und letztendlich wollten wir die Online-Form einer Befragung auf ihre Praxistauglichkeit prüfen und methodische Erfahrungen sammeln.

In die Befragung sollten alle Kundengruppen (interne wie externe) einbezogen werden, um ein möglichst umfassendes Bild zu liefern. Bei den universitätsexternen Kunden nahmen wir allerdings an, dass nur die, die in 2008 und 2009 aktiv waren (d.h. tatsächlich etwas ausgeliehen hatten) eine adäquate Beurteilung abgeben können, da sich ihre Eindrücke auf das aktuelle Dienstleistungsangebot beziehen. Die auf diese Weise definierte Grundgesamtheit betrug 7813 Personen. Da diese Zahl relativ gering ist, wurde keine Stichprobe gezogen, sondern die Befragung als Vollerhebung mit selbstselektierter Stichprobe konzipiert. Nach der Benachrichtigung der potenziellen Teilnehmer und der Bereinigung der Grundgesamtheit um nicht erreichbare E-Mail-Adressen betrug diese 7458 Kunden. Diese Zahl wurde als Basis für die Berechnung der Rücklaufquote herangezogen. Verzerrungen der Grundgesamtheit aufgrund der freien Teilnahme(7) waren dabei möglich, fielen aber vermutlich kaum ins Gewicht und wurden für die Anonymität der Befragung in Kauf genommen.

Bei der Festlegung der Befragungsinhalte ging es in erster Linie um die Auswahl der relevanten aus der Menge von möglichen Fragen. Eine systematische Grundlage für diese Auswahl lieferte eine eingehende Analyse des gesamten Dienstleistungsspektrums der Bibliothek (8). Als Ergebnis hatten wir sechs Untersuchungsfelder: Das Informationsangebot (Bestand), Recherchetools und Recherchehilfen, Informationsnutzung (Arbeitsbedingungen), unterstützende Angebote (Schulungen und Auskunft), die Kommunikationspolitik und das Veranstaltungsangebot der Bibliothek. Anschließend wurden in einem mehrstufigen Diskussionsverfahren zwei bis fünf Variablen pro Kategorie ausgewählt, die dann zu einem ersten Fragebogenentwurf zusammengesetzt wurden.

Was die Botschaft dieser Befragung an die Kunden angeht, so wollten wir damit zum einen ein weiteres Zeichen der Kundenorientierung setzen, zum anderen das Image der Bibliothek als moderner innovativer Informationsanbieter stärken. Dieses Vorhaben stellte auch bestimmte Anforderungen an die Gestaltung des Online-Fragebogens, die wiederum Einfluss auf die Auswahl der Software hatte. So sollte z.B. der Fragebogen die Gestaltungsrichtlinien (CI) der Universitätsbibliothek aufgreifen und interaktive Elemente der Fragebogenführung bieten.

Für die Entscheidung über das geeignete methodische Vorgehen wurden zuerst die bekannten Modelle der Qualitätsbewertung SERVPERF, SERVQUAL und SERVIMPERF betrachtet, wobei ihr Einsatz für unsere Befragung für wenig sinnvoll befunden wurde. Das erste Modell bildet in erster Linie den aktuellen Status Quo ab, die anderen zwei haben gemeinsam, dass die Kunden außer der Bewertung erlebter Dienstleistungen auch ihre Erwartungen an diese und/oder deren Wichtigkeit beurteilen müssen. Darin liegt ein ganz klarer Vorteil dieser Methoden, denn die Ergebnisse können direkt in einem Portfolio mit vier Handlungsfeldern abgebildet werden, was ihre Übertragung in die Praxis wesentlich vereinfacht. Diese Besonderheit stellt aber auch gleichzeitig den größten Nachteil dar, da sie die Komplexität des Fragebogens erheblich steigert und eine ausgeprägte Differenzierungsfähigkeit bei den Teilnehmern voraussetzt(9).

Nach diesen Überlegungen wurde beschlossen, die methodische Gestaltung der Befragung nicht an den erwähnten Modellen, sondern am tatsächlichen Informationsbedarf auszurichten. Der Schwerpunkt lag dabei auf Pragmatismus: Die Ergebnisse der Befragung sollten einen klaren Mehrwert bringen und ohne viel Interpretationsaufwand in die Praxis übertragbar sein. Das Resultat dieser Planungsphase war ein Pool an Variablen, die zwar noch keine ausformulierten Fragen-Antworten-Blocks darstellten, aber eine Entscheidung über sinnvolle Skalierung und Auswertung ermöglichten. Auf diese Weise war klar, dass wir insgesamt vier Grundfragetypen benötigten: Freitextfeld, Einfach- und Mehrfachauswahl und die Matrixfrage. Die letzten zwei wurden zum größten Teil mit fünfstufigen Likert-Skalen und in einigen Fällen mit einer Rating-Skala (Schulnotensystem) versehen. Außerdem wurde zu jeder Skala noch die sechste Antwortoption „kann ich nicht beurteilen“ hinzugefügt, um die Anzahl der möglichen Abbrüche gering zu halten. Die Beschriftungen der Likert-Skalen wurden abhängig vom Frageninhalt formuliert (z.B. von „stimme zu“ bis „stimme überhaupt nicht zu“ oder von „sehr zufrieden“ bis „sehr unzufrieden“).

Bei der Frage nach der Auswertung war wieder der Nutzen für die Praxis der entscheidende Faktor. Bei den meisten der entworfenen Variablen würde die Ergebnisdarstellung als Histogramm bzw. Netzdiagramm völlig ausreichen, so dass vom Einsatz zwar leistungsfähiger, aber komplexer Auswertungstools wie SPSS abgesehen wurde. Abhängig von der Software würden die Ergebnisse entweder automatisiert mit Hilfe eines integrierten Statistikmoduls oder mit MS Excel ausgewertet werden.

Im letzten Schritt der Planungsphase wurde der Erhebungszeitraum festgelegt. Um die Beeinflussung der Ergebnisse durch unregelmäßige Ereignisse wie Klausur- und Prüfungszeiten oder hohe Studiumanfängerzahlen zu vermeiden, wurde ein vierwöchiger Zeitraum ausgewählt, der die Mitte des dritten Trimesters an der HSU und des Sommersemesters an anderen Hamburger Hochschulen umfasste: 13. Mai bis 12. Juni 2009.

Auswahl der Software: LimeSurvey

Die Ergebnisse der Planungsphase lieferten die ersten Kriterien für die Auswahl der geeigneten Software: Sie sollte webbasiert sein, mindestens die benötigten Fragetypen und Antwortskalen unterstützen, flexible Layoutgestaltung erlauben und nach Möglichkeit ein Statistikmodul mit einer Echtzeitstatistikfunktion enthalten. Außerdem wurde großer Wert auf Stabilität, Benutzerfreundlichkeit und Datensicherheit gelegt. Zusammen mit den Anforderungen an die Software für Online-Befragungen der NEON-Arbeitsgruppe(10) bildeten diese eine Grundlage für das Pflichtenheft, welches für die Bewertung verschiedener Lösungen herangezogen wurde.

Die Entscheidung wurde nach einer Marktübersicht(11) und Referenzenprüfung zu Gunsten des Open-Source-Produkts LimeSurvey(12) gefällt. Diese Anwendung kann bei der Installation auf einem Server von jedem Rechner mit Internetzugang benutzt werden, und die erstellten Befragungen werden in Form von Websites mit eigenen Webadressen präsentiert. Die vielfältigen Funktionen des Programms erlauben eine flexible Gestaltung der Fragebögen. So unterstützt es 20 Fragetypen, ermöglicht durch das Setzen von Bedingungen eine Filterführung durch den Fragebogen, bietet einige Möglichkeiten, die Mehrfachteilnahme zu verhindern (IP-Kontrolle, Cookies, Login-Verfahren mit Probandenschlüsseln), oder durch vordefinierte Quoten das Teilnehmerverhältnis zu steuern. Dank der Benutzerverwaltung und der Vergabe von Zugriffsrechten können gleichzeitig mehrere Befragungen von mehreren Benutzern bearbeitet/durchgeführt werden. Bei der Teilnehmerverwaltung (z.B. bei Befragungen mit Probandenschlüsseln) ist die E-Mail-Schnittstelle für den automatischen Versand von Benachrichtigungen oder Erinnerungen hilfreich. LimeSurvey verfügt auch über ein einfaches Statistikmodul, mit dem erste Auswertungen visualisiert oder die Echtzeitstatistik bei laufender Befragung erstellt werden können. Auch der Ergebnisexport in gängige Auswertungs- und Statistikprogramme ist möglich.

Der optischen Gestaltung eines Fragebogens ist dank der Trennung von Inhalt und Layout kaum Grenzen gesetzt. Mit der Installation werden bereits einige Templates mitgeliefert. Wenn die Gestaltungsansprüche allerdings über die bloße Verwendung des eigenen Logos hinausgehen, können auch eigene Templates geschrieben werden. Darüber hinaus können in die Texte des Fragebogens auch Multimediaobjekte wie Bilder, Links oder Filme eingebunden werden. Mit Elementen wie Fortschrittsanzeige oder frei editierbaren Textmeldungen kann der Interaktivitätsgrad des Fragebogens beeinflusst werden. Für die letzteren ist allerdings ein zusätzlicher Aufwand vonnöten, da sie in einer speziellen Sprachendatei mit Hilfe eines Editors bearbeitet werden.

Die Erstellung eines funktionsfähigen Fragebogens ist also mit LimeSurvey bereits nach einer kurzen Einarbeitung ohne weitere Vorkenntnisse möglich. Höhere Ansprüche (z.B. an die Optik oder Interaktivität) erfordern auch eine höhere Zeitinvestition und zum Teil spezielle Kenntnisse.

Fragebogendesign

Bei der Ausarbeitung des Fragebogendesigns ging es darum, aus dem vorbereiteten Variablenpool einen stringenten benutzerfreundlichen Online-Fragebogen zu entwickeln. Seine inhaltliche, funktionale und optische Gestaltung würde maßgeblich über die Abbruch- und somit über die Rücklaufquote entscheiden.

Insgesamt wurden für den Fragebogen 33 Fragen ausgewählt, die Teilnehmer sollten 25 bis 30 davon beantworten (dank der Filterführung bekam jeder Teilnehmer nur die für ihn relevanten Fragen zu sehen). Ein Großteil der Fragen wurde als Pflichtfragen definiert, eine Ausnahme waren Freitextfragen und Kommentarfelder. Erfahrungsgemäß tun sich viele Befragten schwer damit, ihre Meinung in Textform niederzuschreiben. Damit dieser Druck nicht zum Abbruch der Befragung führte, war die Angabe in solchen Fällen freiwillig. Die in acht Gruppen unterteilten Fragen sollten einzeln der Reihenfolge nach und der Filterführung entsprechend präsentiert werden, dadurch wurde das Scrollen beim Ausfüllen vermieden. Die Navigation im Fragebogen erfolgte mit Hilfe der Buttons „Weiter“ und „Zurück“, außerdem wurde den Teilnehmern bei jeder Frage die Möglichkeit angeboten, die Antworten zu verwerfen und die Umfrage zu verlassen. Und für eine bessere Orientierung und Zeiteinschätzung enthielt der Fragebogen eine Fortschrittsanzeige.

Den Fragebogen eröffnete ein Begrüßungsschirm, welcher neben der Information zu den Gründen und dem Ablauf der Befragung auch Hinweise über die zum Ausfüllen benötigte Zeit (ca. 10 bis 15 Minuten) und den Datenschutz enthielt. Letzteres war notwendig, da für die Preisverlosung (siehe Abschnitt Vorbereitung) E-Mail-Adressen angegeben werden sollten. Sie wurden getrennt von den restlichen Daten gespeichert, so dass keine Rückschlüsse auf bestimmte Personen möglich waren. Vom Begrüßungstext ging es zu der ersten Fragengruppe, die formale Fragen zur Universitätszugehörigkeit und fachlichen Ausrichtung der Teilnehmer enthielt. Die meisten der insgesamt sieben Fragen stellten eine Einfachauswahl dar. Die zweite Fragengruppe umfasste Fragen zum Informationsangebot der Bibliothek. Zuerst sollten die Kunden die von ihnen benutzten Medienarten angeben, um diese dann in den darauffolgenden Matrixfragen bezüglich der Aktualität und Vollständigkeit des Bestands zu bewerten. Weitere Fragen dieser Gruppe betrafen die Lehrbuchsammlung und die Einstellung der Kunden zu den E-Medien. In der dritten Gruppe waren Fragen zu den Recherchehilfen wie der Bibliothekshomepage, verschiedene Katalogfunktionen und Orientierungshilfen gebündelt. Ein Teil der Fragen wurde als vorgegebene Aussagen mit einer Zustimmungsskala gestellt, dank der Matrixform konnten gleichzeitig mehrere Kriterien eines Recherchetools bewertet werden. Dabei führte eine negative Beurteilung zum Freitextfeld mit der Bitte, Gründe für diesen Eindruck anzugeben. Die Frage nach weiteren Wünschen in Bezug auf den Katalog stellte eine Mehrfachauswahl dar mit einer Möglichkeit, auch einen Freitext einzugeben. Die vierte Gruppe enthielt Fragen zur Informationsnutzung, die Bibliothek sollte hier als Lern- und Arbeitsort bewertet werden. Im Einzelnen ging es um die Öffnungszeiten der Teilbibliotheken, Ausleihfristen und -konditionen, Arbeitsbedingungen und Mitarbeiter/-innen der Bibliothek. Außerdem konnten auch hier Wünsche und sonstige Anmerkungen zum Arbeitsumfeld hinterlassen werden. Der nächste Block bestand aus Fragen zum Aus- und Weiterbildungsangebot der Bibliothek. In zwei Matrixfragen sollten alle Mittel bewertet werden, die den Kunden die Möglichkeit geben, ihre Informationskompetenz zu steigern: Unterschiedliche Auskunftsformen, Online-Tutorials, das Schulungsangebot und Infomaterialien. In der sechsten Gruppe ging es um die Einschätzung unserer Kommunikationspolitik. Die Teilnehmer sollten angeben, ob sie sich über das Angebot und die Neuerungen ausreichend informiert fühlen und welche Kommunikationskanäle sie bevorzugen. In der nächsten Gruppe wurde das Kultur- und Veranstaltungsangebot der Bibliothek bewertet. Eine Gesamtbewertung der Bibliothek und ein Kommentarfeld schlossen als achte Gruppe den Fragebogen ab.

Wie bereits eingangs erwähnt, stellte der Fragebogen eine Website dar, auf die von der Bibliothekshomepage verlinkt wurde. Nach dem Abschicken des Fragebogens konnten die Teilnehmer zum Katalog, zur Bibliothekshomepage oder zur Echtzeitstatistik wechseln. Die letzte Option bot graphisch aufbereitete Zwischenergebnisse von im Vorfeld ausgewählten Fragen an. Diese wurden vom Programm bei jedem Abruf automatisch erstellt, so dass hier kein zusätzlicher Aufwand nötig war.

Anpassung des Layouts

Nach der inhaltlichen Fertigstellung des Fragebogens musste dieser noch optisch ansprechend gestaltet werden. LimeSurvey bietet dem Anwender die Möglichkeit, die Designvorlagen (oder Templates) nach seinen Wünschen zu verändern. Dafür müssen die HTML-Vorlage und die dazugehörige CSS-Datei umgeschrieben werden: Die HTML-Vorlage bestimmt die optische Struktur jeder Frage und enthält einen Verweis auf die CSS-Datei, in welcher u.a. die Parameter für Schriften und Farben festgelegt sind.

In unserem Fall musste das Standardtemplate grundlegend verändert werden, damit der Fragebogen den Gestaltungsrichtlinien der Bibliothek entsprach. Im oberen Teil des Bildschirms wurden das bibliothekseigene Logo und das Logo der Universität platziert, gefolgt von dem Beschriftungs- und dem Fragenbereich. Letzterer wurde mit Hilfe einer Tabellenstruktur in vier Zeilen unterteilt: Der Fragentext, Platz für Erklärungen und zusätzliche Informationen, der Antwortenbereich mit Feldern zum Anklicken oder Schreiben und die Navigationszeile mit der Fortschrittsanzeige. Die unterschiedlichen Zeilen wurden auch farblich voneinander abgesetzt, wobei die Farben an die der Bibliothekshomepage angelehnt wurden. Bei der Anpassung des Templates haben wir darauf geachtet, den Online-Fragebogen möglichst nutzerfreundlich zu gestalten. So wurde z.B. das Schriftbild hinsichtlich einer optimalen Lesbarkeit verändert und die Navigation für den Nutzer übersichtlicher gestaltet.

Vorbereitung und Durchführung der Befragung

Bevor das Befragungsprojekt endlich in die Feldphase gehen konnte, mussten noch eine Reihe organisatorischer Maßnahmen durchgeführt und der Fragebogen getestet werden. Für den Pretest wurden spezielle Bewertungsbögen vorbereitet, auf denen während der Arbeit mit dem Online-Fragebogen die Verständlichkeit der einzelnen Fragen anhand einer Skala bewertet und Unklarheiten und sonstige Probleme notiert werden konnten. Es war uns wichtig, dass auch beim Pretest alle Nutzergruppen vertreten sind. Aus diesem Grund wurden nicht nur Bewertungsbögen und der Testzugang zum Fragebogen an einige Professoren und Mitarbeiter der Universität verschickt, sondern auch Kunden in den Bibliotheksräumen direkt angesprochen. Diese Aufgabe wurde von den Mitarbeiterinnen im Kundenkontakt übernommen. Sie begleiteten die Benutzer beim Ausfüllen des Fragebogens, beobachteten ihre spontanen Reaktionen und hielten auf den Bewertungsbögen auch Kommentare und Eindrücke der Kunden fest. Auf diese Weise wurden nicht nur Erkenntnisse über die Benutzerfreundlichkeit des Fragebogens gesammelt, die Mitarbeiterinnen konnten sich gleichzeitig mit der Online-Form und den Inhalten der Befragung vertraut machen, um den Kunden bei eventuellen Problemen oder Fragen während der Feldphase helfen zu können. Die Auswertung der Feedbackbögen führte uns noch einmal vor Augen, wie wichtig es ist, den Fragebogen von fachfremden Personen prüfen zu lassen: Mit vielen Begriffen, die in bibliothekarischen Kreisen für selbstverständlich gehalten werden, konnten die Kunden wenig bis gar nichts anfangen. So gaben z.B. einige unserer Testpersonen an, nicht zu wissen, was RSS-Feeds sind. Als wir den Begriff durch das orangefarbene Icon ergänzt haben, stellte sich heraus, dass dieselben Personen den Dienst nicht nur kannten, sondern auch nutzten. Also wurden im Fragebogen überall, wo es angebracht war, Icons und Logos eingefügt. Außerdem wurden einige Formulierungen verändert und bei manchen Fragen Links zu weiterführenden Informationen angegeben.

Da wir noch keine Erfahrungswerte bezüglich der Online-Befragungen hatten, konnten wir keine Prognosen über den erwarteten Rücklauf erstellen. Um das Interesse an der Befragung zu steigern und den Rücklauf dadurch positiv zu beeinflussen, entwarfen wir einige Werbemaßnahmen. So sollten unter allen Teilnehmern attraktive Preise wie ein MP3-Player oder Kinogutscheine verlost werden. Zu diesem Zweck sollte freiwillig die E-Mail-Adresse angegeben werden. Diese wurde getrennt von den Antworten gespeichert und nach der Verlosung gelöscht. Die Tatsache, dass ca. 99% der Befragten ihre E-Mail-Adresse angegeben haben, lässt vermuten, dass die Preisverlosung ihre Werbefunktion erfüllt hat. Allerdings können keine Aussagen darüber gemacht werden, wie der Rücklauf ohne die Verlosung ausgefallen wäre. Die Preise wurden auch als Motiv für Plakate und Flyer verwendet, die die Befragung ankündigten. Da es sich aber um eine Online-Befragung handelte, sollte die Bibliothekshomepage als Hauptwerbekanal fungieren: Zum einen gab es eine Infobox auf der Startseite, die zur Befragung verlinkte. Allerdings werden solche Elemente auf einer Seite oft übersehen, deshalb haben wir uns zusätzlich für einen deutlicheren Hinweis entschieden. Die am häufigsten frequentierte Seite aus dem Bibliotheksangebot ist zweifelsohne der Online-Katalog. Also wurde eine Zwischenseite entworfen, die über unsere Befragung informierte und Links zur Befragung und zum Katalog enthielt. Diese Seite wurde angezeigt, wenn die Katalog-URL aufgerufen wurde. Damit die Kunden durch die Zwischenseite nicht allzu sehr belästigt werden, wurde ihre Erscheinung durch Cookies gesteuert: Der beim Abschicken des Fragebogens gesetzte Cookie sollte beim Aufruf des Katalogs ausgelesen werden. Wurde er gefunden, ging es sofort weiter zum Katalog. Wenn der Cookie allerdings nicht gefunden werden konnte, wurde die Zwischenseite angezeigt. Auf diese Weise konnte sichergestellt werden, dass jeder, der während der Laufzeit der Befragung den Katalog benutzte, auch von der Befragung erfuhr. Darüber hinaus erhielten die Bibliothekskunden vor dem Start eine Benachrichtigungs- und drei Wochen später eine Erinnerungs-E-Mail und wurden zusätzlich vor Ort durch die Mitarbeiterinnen zur Teilnahme animiert.

Ergebnisse und Ausblick

Insgesamt nahm die Vorbereitung der Befragung ca. 400-450 Arbeitsstunden in Anspruch, der Lohn dafür war der reibungslose Ablauf und eine überraschend hohe Teilnahmequote. Insgesamt sind 2167 Antworten eingegangen, nach der Bereinigung der Menge um nicht komplett ausgefüllte Fragebögen betrug der Rücklauf 1922 Datensätze oder 25,77% der Grundgesamtheit, also hat jeder vierte aktive Bibliothekskunde an der Befragung teilgenommen. Für die Auswertung wurden die Daten in MS Excel importiert und dort graphisch aufbereitet. Eine besondere Herausforderung stellten dabei die Freitextkommentare dar. Diese wurden manuell ausgewertet, was einen hohen zeitlichen Aufwand bedeutete, dafür aber ein sehr genaues Bild der Kundeneinstellungen und wertvolle Hinweise auf Entwicklungschancen lieferte(13).

In einem nächsten Schritt wurden aus der Gesamtmenge der Ergebnisse einzelne Problemfelder herausgearbeitet, mögliche Lösungswege überlegt und ihre Machbarkeit überprüft. Die entworfenen Maßnahmen wurden in einem Katalog zusammengeführt. Unterteilt in verschiedene Prioritätsstufen (z.B. Muss-Soll-Kann-Kategorien in Anlehnung an die Anforderungsstruktur der NEON-Arbeitsgruppe, siehe oben) stellt dieser eine operationalisierte Handlungsstrategie dar und ermöglicht als Checkliste mit terminlichen Meilensteinen eine kontinuierliche Umsetzungskontrolle.

Insgesamt betrachten wir diese Befragung als ein gelungenes Experiment. Die ausgewählten Methodik und Software haben sich bewährt und werden auch für weitere Befragungen eingesetzt. Die Wiederverwendung des gespeicherten Fragebogens und der Auswertungsmatrizen reduziert dabei den Arbeits- und Zeitaufwand drastisch, was wiederum dazu beiträgt, dass regelmäßige Kundenbefragungen zu einem festen Bestandteil unserer Marketing- und Qualitätspolitik werden.


Autoren

Anja Linke

Mitarbeiterin im Projektmanagement
Universitätsbibliothek,
Helmut-Schmidt-Universität,
Universität der Bundeswehr Hamburg
Holstenhofweg 85
22043 Hamburg
anlinke@hsu-hh.de

Dipl.-Bibl. Olga Goihl

Projektmanagement
Universitätsbibliothek,
Helmut-Schmidt-Universität,
Universität der Bundeswehr Hamburg
Holstenhofweg 85
22043 Hamburg
goihl@hsu-hh.de


Anmerkungen

(1) Eine ausführliche Übersicht über den Einsatz der Online-Befragungen in Bibliotheken findet sich in: Metzendorf, Maria-Inti: Online-Befragungen in Bibliotheken. Bestandsaufnahme, Einsatzmöglichkeiten und Umsetzung. In: B.I.T.online: Zeitschrift für Bibliothek, Information und Technologie 9 (2006), Nr. 1, S. 31–36. Online verfügbar unter: http://www.b-i-t-online.de/archiv/2006-01/nach2.htm - [Zugriff 25.10.2009]

(2) Follmer, Robert; Guschker, Stefan; Mundt, Sebastian: Gemeinsame Benutzerbefragung der nordrhein-westfälischen Universitätsbibliotheken: methodisches Vorgehen und Erfahrungen. In: Bibliotheksdienst 36 (2002), Nr. 1, S. 20-33. Online verfügbar unter: http://bibliotheksdienst.zlb.de/2002/02_01_02.pdf - [Zugriff 25.10.2009]

(3) Ein sehr hoher Anteil auswärtiger Kunden ist eine Besonderheit der Universitätsbibliothek der HSU. Die universitätsexternen Kunden sind vor allem Studierende anderer Hamburger Hochschulen, aber auch Studenten aus umliegenden Städten, Schüler und Privatpersonen.

(4) Goihl, Olga: König Kunde – Einführung des Beschwerdemanagements in der UB der Helmut-Schmidt-Universität. In: B.I.T.online: Zeitschrift für Bibliothek, Information und Technologie 12 (2009), Nr. 1, S. 17–22. Online verfügbar unter: http://www.b-i-t-online.de/archiv/2009-01/fach2.htm - [Zugriff 25.10.2009]

(5) Theobald, Axel; Dreyer, Marcus; Starsetzki, Thomas: Online-Marktforschung: Theoretische Grundlagen und praktische Erfahrungen. 2., vollst. überarb. und erw. Aufl. Wiesbaden: Gabler, 2003, S. 43

(6) Vgl. dazu Weinreich, Uwe; Lindern, Eike von: Praxisbuch Kundenbefragungen: Repräsentative Stichproben auswählen, relevante Fragen stellen, Ergebnisse richtig interpretieren. München: mi-Fachverl., 2008 (Werben & Verkaufen), S. 28-31

(7) Bei der Befragung wurde auf den Einsatz von Probandenschlüsseln und anderen Teilnahmebeschränkungen verzichtet, sie war also für jedermann zugänglich. So kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch „inaktive“ oder Nicht-Nutzer daran teilgenommen haben, die nicht zur definierten Grundgesamtheit gehörten.

(8) Eine ausführliche Analyse des Dienstleistungsspektrums einer Bibliothek unternehmen Mühlenkamp und Simonji in: Mühlenkamp, Holger; Simonji, Magdalena: Zur Ermittlung der Qualität von Bibliotheksdienstleistungen. Konzept und Ergebnisse einer 2003 durchgeführten Benutzerumfrage. Wiesbaden: Dinges & Frick, 2004 (B.I.T.online Innovativ, 8), S. 19-23

(9) Zu diesen Modellen und ihrer Kritik siehe: Haller, Sabine: Beurteilung von Dienstleistungsqualität: Dynamische Betrachtung des Qualitätsurteils im Weiterbildungsbereich. 2., aktualisierte Aufl., Nachdr. Wiesbaden: Dt. Univ.-Verl. [u.a.], 1999 (Gabler-Edition WissenschaftFocus Dienstleistungsmarketing), S. 95-108 Mühlenkamp, Holger; Simonji, Magdalena: Zur Ermittlung der Qualität von Bibliotheksdienstleistungen. Konzept und Ergebnisse einer 2003 durchgeführten Benutzerumfrage. Wiesbaden: Dinges & Frick, 2004 (B.I.T.online Innovativ, 8), S. 29-32

(10) NEON, Arbeitsgruppe im BVM Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher e.V.: Anforderungen an Online-Umfrage-Software, 2003. Online verfügbar unter: www.bvm.org/user/dokumente/kodex-NEON-1.pdf - [Zugriff 25.10.2009]

(11) Eine bewertete Übersicht der Softwarelösungen für Online-Befragungen bietet auf ihren Seiten die GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften e.V.: http://www.gesis.org/dienstleistungen/methoden/beratungen/datenerhebung/online-umfragen/software-fuer-online-befragungen/ - [Zugriff 25.10.2009]

(12) www.limesurvey.org

(13) Der ausführliche Bericht über die Ergebnisse der Befragung unter: http://www.hsu-bibliothek.de/Bericht.pdf

 


 

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