23. November 2024

ZEDHIA – Das Onlineportal
für Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte

Christian Benesch

22.11.2016 – ZEDHIA macht es möglich: 135 Jahre Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte aus Mitteleuropa sind jetzt völlig unkompliziert via Mausklick jederzeit und überall abruf- und recherchierbar. Bisher mühevolle und zeitaufwändige Recherchen in meist unvollständigen Bibliotheksbeständen und regionalen Archiven können nun in wenigen Minuten – noch dazu ortsunabhängig – erfolgreich durchgeführt werden.

Doch damit gibt sich der Compass-Verlag noch lange nicht zufrieden: Weitere digitalisierte Publikationen werden 2017 hinzugefügt werden und den im Portal abgebildeten Zeitraum auf 191 Jahre erweitern.

Bild 1: Kompaktansicht des Portals. Auf der linken Seite befinden sich die Such- und Filterfunktionen.

Der Weg vom historischen Printprodukt zum Online-Archiv

Bild 2: Die historischen Compass-Publikationen bilden den Grundstock für die digitalisierten Informationsbestände von ZEDHIA.

ZEDHIA ist ein Produkt des Compass-Verlags. Der Compass-Verlag steht seit 150 Jahren für perfekt recherchierte und topaktuelle Firmendaten. Dabei war das Wiener Verlagshaus mit seiner ersten Datenbank 1994 auch ein österreichischer Pionier in Sachen Digitalisierung von Daten und bei der Nutzung des Internets als Medium – bis hin zu tagesaktuellen Berichten und Ergänzungen.

Vor diesem Sprung in die digitalen Sphären des World Wide Web erschien der Compass in seinen verschiedenen Ausgaben als Finanz-, Personen-, Industrie-, Handels- sowie Dienstleistungs- und Behörden-Compass als gedrucktes Werk von 1868 bis 2003.

Bild 3: Compass-Geschäftsführer Nikolaus Futter: „Mit ZEDHIA sichern wir nachhaltig das wirtschafts- und gesellschaftshistorische Gedächtnis Österreichs.“

Inhaltlich bietet der Compass neben ausführlichen Informationen zu den österreichischen Unternehmen auch einen umfassenden Überblick über die Verhältnisse der österreichischen Staatsfinanzen seit 1868. Darüber hinaus beinhalten die Compass-Publikationen wirtschaftshistorische Daten über die ehemaligen Länder der österreichisch-ungarischen Monarchie von 1868 bis 1945.

Vertieft und komplettiert wird der Compass-Bestand durch das Zentralblatt für die Eintragungen in das österreichische Handelsregister (später: Firmenbuch), vereinigt mit dem amtlichen Lieferungsanzeiger, welches zwischen 1902 und 2001 erschienen ist. Sämtliche gesellschaftsrechtlichen Vorgänge wie etwa Gründungen, Bestellung von Geschäftsführern und Prokuristen, Umwandlungen, Liquidationen u.v.m. sind im Zentralblatt ersichtlich und damit lückenlos nachvollziehbar.

Über 1,1 Millionen eingescannte, hochaufgelöste und Volltext durchsuchbare Einzel-Seiten aus 744 Bänden stehen bereits jetzt auf ZEDHIA für umfassende historische Forschungen ab 1868 zur Verfügung. Eine in Vorbereitung befindliche Erweiterung des Bestandes wird diese Zeitspanne auf 191 Jahre ab 1812 ausdehnen. Mit diesem umfassenden Datenbestand zur wirtschaftlichen Entwicklung Mitteleuropas aus beinahe zwei Jahrhunderten ist ZEDHIA weltweit einzigartig.

Bild 4: Handelsregistereintrag für die Genossenschaft aus dem Zentralblatt Teil 1 des Jahres 1938.

Persönliche Schicksale im Spiegel der Zeit

Auch persönliche Schicksale und damit gelebte Geschichte werden im Datenmaterial greifbar und nachvollziehbar. Etwa Enteignungen und Arisierungen jüdischen Eigentums aus der Zeit des Nationalsozialismus, Zerstörungen durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg und Beschlagnahmungen nach Kriegsende.

Viele einschneidende gesellschaftliche Veränderungen und Entwicklungen spiegeln sich im Compass-Bestand wider und wurden durch Statistiken, Aufsätze und Unternehmensberichte dokumentiert. So etwa die Gründung eines „Frauen-Erwerb-Vereins“ 1868, deren erklärte Zielsetzung es war, „die moralische und wirtschaftliche Hebung des weiblichen Geschlechtes in jeder Weise zu fördern“,1 oder der „Einkaufs- und Treuhandgenossenschaft für die Uhren- und Juwelenbranche“ 1938,2 deren vorrangiger Zweck die genossenschaftlich organisierte Verwertung arisierten Eigentums zum Vorteil seiner Mitglieder war.

ZEDHIA – ein neues Hilfsmittel für die historische Wirtschaftsforschung

In den digitalisierten ZEDHIA-Beständen können Benutzerinnen und Benutzer mit höchster Effizienz nach Unternehmens- und Wirtschaftsdaten der österreichisch-ungarischen Monarchie, ihrer Nachfolgestaaten in der Zwischenkriegs- und Kriegszeit sowie der Republik Österreich nach 1945 suchen. Der Einstieg in ZEDHIA erfolgt dabei ganz einfach über einen gängigen Webbrowser.

Mit dem reichhaltigen Datenmaterial des Onlinearchivs konnten schon viele offene Forschungsfragen zur Heimat- und Industriegeschichte final beantwortet – und auch völlig neue Impulse für weitere Recherchen gesetzt werden. Beispiele für auf ZEDHIA recherchierte Artikel finden Sie unter anderem auf der Homepage im ZEDHIA-Blog.

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Bild 5: ZEDHIA als Quelle für die Bankenkrise der 1870er. Einträge zu krisenbedingt liquidierten Banken im Compass, Teil 1 von 1875 – angezeigt im Vorschaumodus.

Anwendung findet ZEDHIA auch bei internationalen Forschungsprojekten: So nutzt der an der University of Oxford tätige Volkswirt Kilian Rieder das Onlineportal für eine systematische Datenauswertung innerhalb einer laufenden Forschungsarbeit über den „Gründerkrach“ von 1873.3 Darin wird der Verlauf einer weitreichenden Börsen-, Banken- und schließlich Wirtschafts- bzw. Systemkrise minutiös nachgezeichnet. Ein angesichts bestehender Parallelen zur Entwicklung an den heutigen Finanzmärkten hochaktuelles Forschungsthema. Kilian Rieder berichtet:

„Das ZEDHIA Portal des Compass Verlags bietet mir die einzigartige Möglichkeit direkt via Internet aus dem In- und Ausland auf ein unerschöpfliches Arsenal von Statistiken zur österreichisch-ungarischen Bank- und Finanzwelt des 19.Jahrhunderts zuzugreifen. Die überaus vielfältig anwendbaren Daten übertreffen dabei oft den Detaillierungsgrad der offiziellen k. u. k. Statistiken. Dank der zusätzlichen Kontextinformationen erlauben sie außerdem eine tiefergehende, quantitative Analyse des Geschehens durchzuführen.“

Auch in österreichischen Universitäten wird ZEDHIA erfolgreich eingesetzt:

Charlotte Natmeßnig, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Wirtschaftsuniversität Wien, sagt über das wirtschaftshistorische Portal: „Wer sich mit Banken- und Firmengeschichte beschäftigt, wird in ZEDHIA eine ‚Einstiegsdroge‘ finden, die die Voraussetzung für Forschungen über Vernetzungen, beispielsweise zwischen Banken und Industrie, darstellt.“

Walter Iber vom Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte der Karl-Franzens-Universität Graz hat ZEDHIA bereits seit mehreren Semestern im Einsatz: „Im Rahmen meines Proseminars ‚Business History‘ wurden die vielfältigen Recherchemöglichkeiten auf der ZEDHIA-Plattform von den Studierenden mit Begeisterung aufgenommen. Für die angehenden Ökonomen, Betriebswirte und Historiker bietet das Archiv einen großartigen Quellenfundus. Der Compass-Verlag hat mit ZEDHIA Pionierarbeit geleistet.“

ZEDHIA – ein ausgezeichnetes Projekt mit Ambitionen

Bei ZEDHIA handelt es sich um die bisher größte private Digitalisierungsinitiative Österreichs. Dieses Engagement des Compass-Verlags wurde von der Wirtschaftsagentur Wien im März 2013 durch eine Auszeichnung bei den Dienstleistungs- und Sachgüter-Awards in der Kategorie Dienstleistungs-Award – Kleine Unternehmen mit dem 1. Platz belohnt.

ZEDHIA wird auch in Zukunft nicht stehen bleiben: Jährliche Erweiterungen des Informationsbestandes werden dafür sorgen, dass ZEDHIA ständig wachsen und seinen Benutzern noch mehr Inhalte und Möglichkeiten bieten wird. So wird noch im Jahr 2017 eine Erweiterung des Datenbestandes um das Amtsblatt der Wiener Zeitung stattfinden, welche die verfügbaren Unternehmensdaten bis ins Jahr 1812 zurückreichen lassen wird.

Wie können Sie ZEDHIA testen und nutzen?

Besuchen Sie die Webseite von ZEDHIA auf www.zedhia.at für weitere Informationen oder testen Sie das Portal direkt auf https://portal.zedhia.at/: Dort sind grundlegende Features, wie etwa die Volltextsuche, frei verfügbar. Nach Registrierung und Freischaltung werden auch die hochaufgelösten Digitalisate in ihrem vollen Umfang sichtbar.

Für Bibliotheken und wissenschaftliche Institutionen bieten wir maßgeschneiderte Campus-Lösungen über freigeschaltete IP-Ranges an, damit alle berechtigten Mitarbeiter und Benutzer sowohl im Haus als auch extern z.B. über VPN auf ZEDHIA zugreifen können. Dabei eignet sich ZEDHIA für alle Bibliotheken aus sämtlichen Bereichen, deren Benutzer an historischen Forschungen interessiert sind. Testen Sie den kostenlosen und unverbindlichen Premium-Zugang und überzeugen Sie sich selbst von ZEDHIAs umfangreichen Möglichkeiten.

 


Anmerkungen

1. Compass. Kalender und Jahrbuch für Handel, Gewerbe und Industrie in Österreich 1868. Hrsg. von Gustav Leonhardt. [1. Jg.] Wien: Carl Fromme [s.a.]., S. 186

2. Zentralblatt für die Eintragungen in das Handelsregister in Österreich. Vereinigt mit dem amtlichen Lieferungsanzeiger. Nr. 1 (5. Jänner 1938) - Nr. 39 (28. September 1938). Hrsg. vom Bundesministerium für Handel und Verkehr. 37. Jg., Wien: [Compassverlag] 1938, S. 814. Siehe auch ZEDHIA-Blogartikel „Genossenschaftlich organisierte Arisierungen 1938“

3. Working paper: A Historic(al) Run on Repo? Causes of Bank Distress during the Austro-Hungarian „Gründerkrach“ of 1873.


Kontakt:

Compass-Verlag GmbH
Christian Benesch
Matznergasse 17
A-1140 Wien

christian.benesch@compass.at
www.compass.at

Tel. +43 / 1 / 981 16-127
Fax +43 / 1 / 981 16-111