Lesen erfahren
Erinnerungen eines alten Bibliothekars
an seine erste Begegnung mit einer Bibliothek
Erlesenes von Georg Ruppelt
Foto vom Foto: Ruppelt
Leseförderung in Deutschland 1950, aus: The book mobiles – Vintage
photos of traveling libraries ... rare history photos.com
Als der Verfasser dieser Glosse 1954 als sieben Jahre alter „Steppke”
an einem schönen, sonnigen Nachmittag auf der Suche nach Spielgefährten
an seiner „Volksschule” vorbeischlenderte, stand vor deren Eingang ein riesiger Sattelzug. Sein Auflieger hatte am Heck eine heruntergelassene
Treppe und eine Flügeltür, die weit geöffnet war. Von außen konnte man
viele Bücher erkennen, und eine weibliche Stimme lud den schüchtern hineinschauenden „Knirps” freundlich ein, doch hereinzukommen.
Irgendwie überwand der die Schwellenangst, und die freundliche junge Frau,
die gleich neben der Eingangstür saß, ermunterte ihn, sich doch einfach
einmal umzuschauen.
Er durfte also den ihm damals lang erscheinenden Gang entlang spazieren und sich Bücher aus den Regalen nehmen, was er nach einiger Scheu auch bald tat. Danach setzte er sich auf die Eingangstreppe des Wagens
in die Sonne, betrachtete ein Bilderbuch, das von einem Maulwurf
handelte, und ging wieder hinein, um sich ein weiteres zu holen.
Danach schaute er in das nächste Buch und lief dann rasch nach Hause,
um den Personalausweis seiner Mutter zu holen, der ihm das Tor zu einer
neuen Welt öffnete.