Das Authoring-Tool SciFlow
Problemstellung, Anwendungsszenarien und Einführungsprojekte bei Institutionen
Bei der Verwendung klassischer Textverarbeitungsprogramme zum wissenschaftlichen Schreiben entstehen oftmals vermeidbare Aufwände für die Formatierung, Versionierung und die Zusammenarbeit. Die kollaborative Webanwendung SciFlow bietet für Studierende und Forschende eine alternative Textverarbeitung an, die speziell auf deren Bedürfnisse zum wissenschaftlichen Schreiben abgestimmt ist. In diesem Artikel werden typische Probleme im Schreibprozess dargestellt, die durch SciFlow adressiert werden. Außerdem werden zwei beispielhafte Workflows gezeigt, wie mit SciFlow ein Paper und eine Abschlussarbeit erstellt werden können. Abschließend wird ein mögliches Einführungsprojekt an einer wissenschaftlichen Einrichtung beschrieben und es wird ein Ausblick gegeben.
1 Einführung
Das Schreiben wissenschaftlicher Texte ist eine Kernaktivität von Studierenden und Forschenden. Damit das Schreiben effizient und angenehm möglich ist, empfiehlt sich die Unterstützung durch geeignete Software, wie Textverarbeitungsprogramme und Referenzverwaltungen.
Bei vielen Studierenden, Forschenden und deren Institutionen sind die Nutzung von Referenzverwaltungen längst etabliert. Referenzverwaltungen sind für das wissenschaftliche Schreiben und die langfristige Verwaltung aller relevanten Quellen für ein Forschungsfeld notwendig. Erstaunlich ist, dass zur Textverarbeitung oft Software eingesetzt wird, die nicht für das wissenschaftliche Schreiben konzipiert wurde und daher in vielen Teilbereichen nicht optimal geeignet ist.
Eine der Ausnahmen ist LaTeX, das jedoch von weniger technisch versierten Anwender/-innen als zu umfangreich und komplex empfunden wird. Daher verwenden Studierende und Forschende alternativ Microsoft Word (Word) oder auch Google Docs (GDocs) zum Schreiben ihrer Texte. Word-Nutzende berichten dabei von aufwendigen Formatierungsprozessen, während GDocs wegen der Datenschutzbedingungen im akademischen Bereich kritisiert wird.
Die SciFlow GmbH, Anbieter des gleichnamigen online Texteditors, möchte diese Lücke für Wissenschaftler/-innen und Studierende schließen. Der Prototyp von SciFlow wurde 2009 an der Universität Paderborn entwickelt1. Das Projekt wurde 2016 als eine Ausgründung der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und Freien Universität Berlin fortgesetzt.
In diesem Artikel werden die Anforderungen an ein Schreibprogramm für die Wissenschaft diskutiert und zwei Anwendungsszenarien für SciFlow vorgestellt. Ebenfalls wird beschrieben, wie SciFlow an einer wissenschaftlichen Einrichtung (im Folgenden: Institution) eingeführt werden kann.
Datenlieferung: behalten Sie die Kontrolle
Lehmanns sendet die Vorabdaten der ausgewählten Titel an Ihr Erwerbungssystem, somit wissen Sie stets, mit welchen Titeln Sie rechnen können. Stadtteilbibliotheken arbeiten in Ihrem System und definieren die Mengen für den Direktkauf. Lehmanns Media sendet Ihnen RDA-gerechte MARC21-Daten auf verschiedene Weise, z. B. als FTP zur Abholung. Meldungen zur Lieferbarkeit von Titeln können auf Wunsch elektronisch so zur Verfügung gestellt werden.
Nach Erscheinen der ausgewählten Titel verbessert Lehmanns Media die Titeldaten für Ihren Katalog anhand der Autopsie beim Wareneingang, bibliotheksspezifische Wünsche etwa bei der Zählung der Seitenzahl, können berücksichtigt werden. Die Autopsie-Daten sind RDA-gerecht und mit der GND verknüpft. Sie erhalten diese Daten unmittelbar nach Erscheinen und vor Auslieferung des LARS-Exemplars.
2 Die Problematik von nicht-wissenschaftlichen Aktivitäten beim wissenschaftlichen Arbeiten
Bei der Verwendung klassischer Textverarbeitungsprogramme werden Schreiber/-innen von wissenschaftlichen Publikationen vor verschiedene Problematiken gestellt. In den überwiegenden Fällen findet das wissenschaftliche Schreiben nicht allein statt, sondern involviert mehrere beteiligte Personen. Das können mehrere Wissenschaftler/-innen sein, die an einem gemeinsamen Projekt arbeiten, aber auch Studierende und Betreuende. Hier stellt sich beim Versenden von Versionen einer Arbeit per Mail sehr schnell ein Chaos an Versionen ein, wenn gleichzeitig mehrere Personen in den Ihnen vorliegenden Versionen schreiben. Zusätzlich treten auch ganz praktische Probleme auf, wenn Autor/-innen unterschiedliche Literaturverwaltungen verwenden. Ein gemeinsames Quellenverzeichnis muss dann manuell erstellt werden.
Fertige Texte müssen vor ihrer Einreichung entsprechend enger Vorgaben formatiert werden, um sowohl die geforderte Zitationsweise wie auch die grundsätzlichen Formatvorgaben der angestrebten Veröffentlichung sicherzustellen. Eine Untersuchung hat ermittelt, dass für das Formatieren einer Publikation im Schnitt 14 Stunden benötigt werden – dies entspricht zwei Arbeitstagen. Diese Arbeit geht wieder von vorne los, wenn die Einreichung von einem Verlag abgelehnt worden ist. In der Summe kommen pro Jahr etwa 52 Stunden zusammen, was mehr als einer Woche Arbeitszeit entspricht2.
3 Lösungswege mit SciFlow Effekt –
gezeigt anhand zweier Anwendungsfälle
SciFlow wurde entwickelt, um die dargestellten Probleme des wissenschaftlichen Schreibens zu lösen. Es handelt sich um einen online Texteditor, der es ermöglicht, mit mehreren Schreibenden an einer Dokumentenversion zu arbeiten. Für die gängigen Referenzverwaltungen bestehen Schnittstellen, mit denen dort gesammelte Quellen importiert werden können.
Die Abbildung 1 zeigt die Benutzeroberfläche von SciFlow.
SciFlow kann z. B. für folgende Dokumentarten verwendet werden: Forschungsartikel, Abschlussarbeiten, Berichte, Forschungsanträge und Datenmanagementpläne für Forschungsdaten.
Zwei der häufigsten Szenarien, in denen die Verwendung eines kollaborativen Texteditors hilfreich ist, sind das Verfassen eines Forschungsartikels im Forschungsverbund und das Schreiben einer Abschlussarbeit. Anhand dieser Beispiele sollen die Arbeitsweise mit SciFlow aufgezeigt werden.
3.1 Schreiben eines Forschungsartikels im Team mit SciFlow
In einer Anforderungsanalyse für Elektronische Forschungsplattformen für Verbundprojekte ist eine Empfehlung der Einsatz von kollaborativen Textverarbeitungsprogrammen als pragmatischer Weg, die Zusammenarbeit im Projekt zu verbessern3.
eines Forschungsartikels
Im Folgenden wird ein möglicher Workflow im Tool vorgestellt, wie Forschende kollaborativ einen Artikel erstellen können (vgl. Abbildung 2).
Der erste Schritt zur Erstellung eines Dokuments ist die Auswahl eines geeigneten Templates. So finden Forschende direkt die für sie relevante Gliederung im neu erstellten Dokument. Nach der Erstellung können dann Co-Autor/-innen eingeladen werden. Im nächsten Schritt können Referenzverwaltungen mit SciFlow verbunden werden. Eingefügte Quellen können von allen genutzt werden.
Es besteht die Möglichkeit einer Versionsspeicherung, um zu einem späteren Zeitpunkt auf diese zurückzugreifen. Ein sogenanntes „Change Tracking“, also die Möglichkeit jede Änderung am Dokument nachzuvollziehen und Autor/-innen zuzuordnen, ist aktuell in Entwicklung (Veröffentlichung voraussichtlich in 2020).
Neben dem gemeinsamen Schreiben können Autor/-innen Kommentare zu Textabschnitten hinterlassen und so außerhalb des Fließtextes eine Diskussion führen.
Ist das Dokument fertig, kann es in verschiedenen Formaten exportiert werden. Während des Exports werden automatisch die notwendigen Formatierungen für die ausgewählte Vorlage angewendet. Dieses kann dann zum Beispiel beim gewünschten Journal eingereicht werden. Sollte es bei einem Journal nicht klappen, kann das Dokument mit wenigen Klicks auf ein anderes Template umgestellt werden.
3.2 Schreiben einer Abschlussarbeit mit SciFlow
Für das Schreiben von Abschlussarbeiten steht die Möglichkeit eines eigens zu strukturierenden „leeren“ Dokuments zur Verfügung. Für Universitäten, deren Bibliotheken SciFlow als Teil ihres digitalen Portfolios anbieten, stehen darüber hinaus Templates für einzelne Fachbereiche zur Verfügung. In diesen Templates ist die vorgegebene Formatierung bereits von Anfang an enthalten.
Im ersten Schritt ist dann eine Strukturierung der Hausarbeit in die angestrebten Kapitel anzuraten. Mit einer bestehenden Struktur fällt das Schreiben leichter.
Außerdem gehört eine ausführliche Quellenrecherche an den Anfang jeder Hausarbeit. Diese Quellen sollten für die Übersichtlichkeit in einer Referenzverwaltung gespeichert werden. Die Referenzen können dann in das SciFlow-Dokument importiert und per „drag-and-drop“ an die vorgesehenen Stellen im Fließtext gezogen werden.
Ist die Hausarbeit so weit fertiggestellt, dass ein Gegenlesen durch eine andere Person ansteht, kann das Dokument für diese freigegeben werden.
Beim Export der Datei als PDF-Dokument wird jedoch die Formatierung von Text, Zitationsstil und Literaturverzeichnis automatisch vorgenommen.
4 Einführungsprojekte an den Institutionen
SciFlow ist für Studierende und Forschende kostenfrei nutzbar. Für Institutionen bietet SciFlow zusätzliche Services im Rahmen einer Campusvereinbarung an, damit Forschende und Studierende SciFlow vollumfänglich nutzen können.
Stand April 2020 haben u. a. die Max-Planck-Gesellschaft, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und die Hochschule Merseburg SciFlow an ihrer Institution eingeführt.
Eine Campusvereinbarung ermöglicht es den Instituten, ihren Studierenden und Forschenden Fachbereich-spezifische Templates und Journal-Templates zur Verfügung zu stellen, mit denen der Arbeitsaufwand für Arbeiten und Publikationen sinkt. Aktiv Forschende und Studierende verbringen in Schreibphasen bis zu 30 Stunden pro Woche im Editor, um ihre Arbeiten zu schreiben
Bibliotheken können mit SciFlow ihr Portfolio zur Erstellung von Publikationen erweitern. Forschende und Studierende werden durch den Service bei einer ihrer Kernaktivitäten unterstützt. Jeder Institution wird ein Instituts-spezifisches Portal für SciFlow erstellt, bei denen zum Beispiel die wichtigsten Formatvorlagen der Fachbereiche und die meist verwendeten Journal-Templates zur Nutzung stehen.
Die Einführung an der Einrichtung wird durch persönliche Gespräche, Webinare für Forschende, Studierende und Superuser begleitet. Nutzer/-innen stehen außerdem umfangreiche Support-Artikel, Video-Kurse sowie Support zur Verfügung.
5 Zusammenfassung
Es handelt sich bei SciFlow um eine Alternative zu den bisher üblichen Textverarbeitungsprogrammen GDocs und Word. Studierende und Forschende finden hier auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Funktionen, die das Arbeiten erheblich erleichtern können. Insbesondere wird SciFlow für das Schreiben von Forschungsartikeln und Abschlussarbeiten verwendet.
SciFlow kann kostenfrei von Studierenden und Forschenden verwendet werden. Für Institutionen werden zusätzliche Services angeboten, wie zum Beispiel das Erstellen eines Portals, Instituts-spezifische Templates sowie Support und Webinare für Studierende und Forschende.
Literaturverzeichnis
1 Eichler, Frederik. 2010. Simplifying The Scientific Writing And Review Process. Master’s thesis, University of Paderborn.
2 LeBlanc, Joel D. AND Saunders, Allana G. AND Barnes. 2019. Scientific sinkhole: The pernicious price of formatting. PLOS ONE 14, Nr. 9 (September): 1-7. doi:10.1371/journal.pone.0223116.
3 Bier, Solveig, Martin Gersch, Lauri Wessel und Nina Knoll. 2016. Elektronische Forschungsplattformen (EFP) für Verbundprojekte. SSRN Electronic Journal. doi:10.2139/ssrn.2805355.
Autor/-innenbeschreibung
Dr. Carsten Borchert
Carsten Borchert ist Geschäftsführer und Mitgründer von SciFlow. Vor SciFlow hat er als Account Manager bei Oracle gearbeitet und ist promovierter Wirtschaftswissenschaftler.
carsten.borchert@sciflow.net
Stefanie Andres
Stefanie Andres arbeitet als Online Marketing Managerin bei SciFlow und ist zudem als Autorin tätig. Sie ist approbierte Veterinärmedizinerin, wirkte an mehreren Publikationen mit und arbeitet inzwischen seit mehr als fünf Jahren im Online Marketing verschiedener Unternehmen.
stefanie.andres@sciflow.net