Eine Herausforderung bislang nicht gekannten Ausmaßes:
„Corona“ – und was es
mit der Stadtbibliothek Duisburg macht
Dr. Jan-Pieter Barbian
Die Begriffe „Corona“ und „Covid-19“ ebenso wie das Thema Infektionsgefahr drangen ab Anfang März immer mehr in den Bibliotheksalltag ein. Kundinnen und Kunden fragten, ob Medien nach der Rückgabe desinfiziert werden. Im bibliotheksinternen Wiki wurden Informationen für die Mitarbeitenden hinterlegt, auf die diese im Umgang mit Kundinnen und Kunden zurückgreifen konnten. Hinweise auf Hygienevorkehrungen wurden öffentlich in allen Bibliotheken ausgehängt. Im Stadtgebiet kam es zu ersten vereinzelten Schließungen von öffentlichen Einrichtungen, da der Verdacht einer Infektion bestand. Trotzdem lief der Bibliotheksalltag zunächst noch ohne Beeinträchtigungen weiter. Veranstaltungen fanden in allen Bibliotheken wie geplant statt. Am 7. März starteten die 41. „Duisburger Akzente“ zum Thema „Glück“ und die Stadtbibliothek hatte wie in den Jahrzehnten zuvor für das spartenübergreifende Kulturfestival ein umfangreiches Programm zusammengestellt: neben Lesungen mit Fatih Çevikkollu, Frank Goosen, Wladimir Kaminer, Andreas Lukoschik und Sebastian23 auch ein „Glückstag in der Bibliothek“, der am 21. März stattfinden sollte.
Doch dann kam alles völlig anders. Ab dem 9. März überschlugen sich die Ereignisse: zunächst tage-, am Ende der Woche stundenweise. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen untersagte am 10. März die Durchführung von Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern. Der Oberbürgermeister der Stadt Duisburg ging sogar noch einen Schritt weiter und verbot mit einer amtlichen Anordnung alle Veranstaltungen mit mehr als 200 Teilnehmern, am Vormittag des 13. März dann sämtliche Veranstaltungen im Duisburger Stadtgebiet bis zum 19. April. Damit waren die „Duisburger Akzente“, kaum hatten sie begonnen, schon wieder beendet. Darüber hinaus wurden alle Schulen und alle Kindertageseinrichtungen geschlossen. Der städtische Krisenstab wurde aktiviert. In Ergänzung des gesamtstädtischen Pandemieplans musste auch die Stadtbibliothek am 12. März einen solchen Plan für ihre Zuständigkeit vorlegen: darin war, weil die Dimension der Krise noch nicht allgemein bekannt war, nur eine stufenweise Schließung der Bibliotheken vorgesehen. Am Nachmittag des 13. März wurde vom Oberbürgermeister dann die Schließung aller Kultur- und Bildungseinrichtungen ab Montag, dem 16. März, angeordnet. Am Abend des 13. März wies der Krisenstab alle Ämter an, einen „ungeregelten Kontakt mit dem Publikum in jedem Fall zu vermeiden“. Da nach dem Bekanntwerden der Schließung am Freitag alle Bibliotheken einen zwar erfreulichen, in der jetzigen Lage allerdings kontraproduktiven Ansturm ihrer Kundinnen und Kunden erlebten und das gleiche für den Samstag zu erwarten war, wurde die Schließung aller Bibliotheken auf den 14. März vorgezogen.
Ab Montag, dem 16. März, begann ein völlig anderer, bislang noch nicht gekannter Bibliotheksalltag ohne Kunden vor Ort. Die Information der Öffentlichkeit erfolgte über alle zur Verfügung stehenden Kanäle: Homepage, Facebook, Instagram, Presse und Aushänge an allen Bibliotheksstandorten. Es wurde umgehend sichergestellt und umfangreich kommuniziert, dass alle jetzt auslaufenden Fristen entliehener Medien und auch alle während der Dauer der Schließung ablaufenden Ausweise bis zum 3. Mai kostenfrei von der Bibliothek verlängert werden. Auch auf die Möglichkeit zur uneingeschränkten Nutzung der Online-Angebote während der Schließzeit wurde ausdrücklich hingewiesen: die Onleihe mit knapp 50.000 eMedien, der PressReader mit rund 6.000 Zeitungen und Zeitschriften aus 100 Ländern in 60 Sprachen, Filmfriend als neuer Streamingdienst mit einem reichhaltigen Angebot an Spiel-, Dokumentar- und Kinderfilmen, Rosetta Stone als Internetplattform zur Erlernung von Fremdsprachen. Einige Anbieter von Online-Diensten, wie z. B. Munzinger und Brockhaus, haben aktuell kostenlos ihr Angebot erweitert, so dass den Kundinnen und Kunden der Stadtbibliothek, darunter zahlreiche Schülerinnen und Schüler, bis auf Weiteres noch umfassendere Informationsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Seit dem 31. März bietet die Stadtbibliothek Duisburg zudem einen kostenlosen „DigiPass“ an. Duisburgerinnen und Duisburger können sich online über ein Formular auf der Homepage anmelden und spätestens nach zwei Tagen auf das umfangreiche Online-Angebot zugreifen.
Zur Eindämmung der ansteigenden Infektionsgefahr weitete die städtische Personalverwaltung die Möglichkeit des mobilen Arbeitens aus. Über VPN Tunnel ist ein Zugriff auf alle benötigten Daten des eigenen Dienst-PCs und auf das Intranet der Stadtverwaltung auch von zuhause aus möglich. Besprechungen und Coachings erfolgen nun ausschließlich per Videokonferenz. Acht Mitarbeiter sind für Sonderaufgaben zur Bewältigung der Krise in anderen Bereichen der Stadtverwaltung eingesetzt: bei der Feuerwehr, im Gesundheitsamt, im Call-Center und im Krisenstab. Nach wie vor sind aber sowohl in der Zentralbibliothek als auch in den Stadtteilen Bibliotheksmitarbeiter/-innen vor Ort, wobei in allen Fällen darauf geachtet wird, dass die Abstandsregeln und alle anderen Verhaltensempfehlungen zur Sicherung der Gesundheit eingehalten werden. Die Stadtbibliothek bleibt weiterhin telefonisch und per E-Mail erreichbar. Über unsere Social Media-Kanäle (Facebook, Instagram) versorgen wir die Öffentlichkeit mit allen wichtigen Informationen, berichten aber auch über unseren Bibliotheksalltag. Die Nutzungszahlen zeigen deutlich ein besonderes Interesse an unserer Arbeit und wir erhalten viele Rückmeldungen, die zeigen, dass unsere Kunden uns vor Ort vermissen (umgekehrt gilt dies natürlich auch).
Die Krise ist herausfordernd und gravierend. Aber sie setzt jede Menge positive Energien und sehr viel Kreativität frei.
Dr. Jan-Pieter Barbian / Barbara Hayck
Stadtbibliothek Duisburg
Steinsche Gasse 26
j.barbian@stadt-duisburg.de
www.stadtbibliothek.duisburg.de