Lesesäle und Ausleihe geschlossen – online geöffnet
Bibliotheksservices in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen
Dr. Fabian Franke
Die Auswirkungen des neuartigen Corona-Virus COVID 19 erreichten die Universitätsbibliothek Bamberg am 13. März 2020. Noch am 10. März hatte das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst verfügt, dass „der Lehrbetrieb in Präsenzform … mit sofortiger Wirkung einzustellen ist. Die sonstigen Funktionen wie Forschungsbetrieb, Verwaltung oder Bibliotheken sind weiter aufrecht zu erhalten.“ Die Lesesäle an diesem Freitag, den 13. März, waren gut gefüllt, zahlreiche aus den Magazinen bestellte oder vorgemerkte Bücher und Medien lagen zur Abholung bereit. Studierende bereiteten sich auf die noch anstehenden studienbegleitenden Prüfungen vor, schrieben Haus-, Abschluss- und Zulassungsarbeiten, deren Abgabetermine bevorstanden, lernten für Staatsexamina. Einige fleißige Schüler/-innen hatten bereits mit den Abiturvorbereitungen begonnen. Da veröffentlichte das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst am Nachmittag eine Pressemitteilung, in der es hieß:
„Ab Samstag, dem 14. März 2020, bleiben staatliche Museen, staatliche Sammlungen, staatliche Archive und staatliche Bibliotheken im Freistaat für den Publikumsverkehr geschlossen. Die Maßnahme gilt vorsorglich bis zum 20. April 2020.“
Wenige Stunden blieben uns, um uns auf diese Situation vorzubereiten. Wir informierten über alle unsere Kanäle und soziale Medien unsere Benutzer/-innen, damit sie noch heute benötigte gedruckte Literatur ausleihen, hoben alle Ausleihbeschränkungen auf und sagten den studentischen Hilfskräften ab, die am Wochenende eingeteilt waren.
Um 18 Uhr erreichte uns dann ein Schreiben des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst, in dem sich die Situation etwas anders darstellte. Es „sollen ab dem 14.03.2020 alle Bibliothekslesesäle der staatlichen bayerischen Hochschulen für den Publikumsverkehr zunächst bis einschließlich 19.04.2020 geschlossen werden. Der übrige Dienstbetrieb bleibt aufrechterhalten.“
Am Wochenende blieben wir ganz geschlossen, das war nicht mehr rückgängig zu machen. Doch haben wir am Vormittag des 16. März überlegt, wie wir die Ausleihe aufrechterhalten können, ohne unsere Mitarbeiter/-innen und Benutzer/-innen zu gefährden. Wir haben beschlossen, die Ausleihe per Selbstabholregal und Selbstverbucher weiter durchzuführen und dazu die Bestellung von Freihandbeständen zu ermöglichen. Die Universitätsleitung hat in diesem Zusammenhang an alle Ausleihenden appelliert, mit Rücksicht auf die Studierenden, die sich auf Prüfungen vorbereiten oder Arbeiten schreiben, vor der Bestellung sorgfältig zu prüfen, welche Bücher tatsächlich dringend benötigt werden.
Dann kam am Mittag des 16. März die Allgemeinverfügung der Bayerischen Staatsregierung. Bibliotheken sind ab dem 17. März zu schließen. Staatliche Prüfungen waren jedoch nicht abgesagt – die Studierenden benötigten weiter Literatur. Also haben die Mitarbeiter/-innen mit den Studierenden Einzeltermine vereinbart, zu denen sie die bestellten Bücher vor der Tür zur Abholung bereitlegten. Aber auch dieser vollkommen kontaktfreie Weg der Ausleihe wurde am 18. März vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst untersagt – keine Bücher durften die Bibliothek mehr verlassen.
Die in der Allgemeinverfügung enthaltenen Ausgangsbeschränkungen hatten zur Folge, dass alle Universitätsbeschäftigten, deren Anwesenheit vor Ort nicht erforderlich ist, ab dem 18. März im Homeoffice arbeiten. Per Mail und Chat sind wir natürlich weiterhin für Auskünfte und Support zu erreichen. Und wir sehen es weiterhin als unsere Aufgabe an, die Studierenden und Wissenschaftler/-innen mit der benötigten Literatur zu versorgen.
Dazu weisen wir einerseits verstärkt auf die digitalen lizenzierten und Open-Access-Angebote hin. Bereits vor der Corona-Krise war die Universitätsbibliothek Bamberg durch zahlreiche EBS- und PDA-Modelle, die Zugriff auf das gesamte Portfolio vieler Verlage beinhalten, sehr gut mit E-Books ausgestattet. Mit einem neu im Bibliotheksverbund Bayern entwickelten Verfahren („Wanderfalke“) konnten sie auch vollständig in den Index des Katalogs eingespielt werden. Dennoch gibt es insbesondere in den geisteswissenschaftlichen Fächern weiterhin hochrelevante Literatur, die nur als gedrucktes Buch erhältlich ist – deshalb können wir nicht vollständig ausschließlich digital erwerben, daher müssen bei für den Publikumsverkehr geschlossenen Bibliotheken Kolleg/-innen für den Digitalisierungsservice in den Teilbibliotheken sein.
Wir bieten nun an, dass Studierende und Wissenschaftler/-innen per Mail oder über ein Webformular benötigte Literatur für Abschlussvorbereitungen oder für die Lehre im Sommersemester melden. Wir finden dann individuelle Lösungen, beschaffen zusätzliche E-Books, schicken Bücher per Post oder Hauspost zu oder erstellen und versenden Digitalisate von gedruckten Bibliotheksbeständen unter Beachtung des Urheberrechts. Dazu haben wir einen neuen Workflow zwischen Benutzung, Medienbearbeitung, Fachreferaten und IT eingerichtet. Für diesen Service sind in allen Teilbibliotheken in einem rotierenden Verfahren je nach Bedarf Kolleg/-innen vor Ort. Dabei ist stets gewährleistet, dass sich in einem Raum maximal eine Person befindet.
Inzwischen ist klar, dass das Sommersemester weitgehend online stattfindet. Ein weiterer Schwerpunkt liegt für uns daher in der vollständigen Umstellung unserer Kurse auf Online-Veranstaltungen, Zum Glück können wir dazu auf ein bereits vorhandenes E-Learning-Modul zurückgreifen, das aber nun angepasst und erweitert werden muss.
Die behördlichen Anordnungen und Beschränkungen einzuhalten, die Mitarbeiter/-innen zu schützen, die Ausbreitung des Virus einzudämmen und gleichzeitig den Bibliotheksservice so gut wie möglich aufrechtzuerhalten und die Studierenden und Universitätsangehörigen zu unterstützen, das sind die Herausforderungen, die die Universitätsbibliothek Bamberg in der Corona-Krise bestehen und gestalten muss. In jeder neuen, der sich sehr rasch ändernden Situation ist es für uns wichtig, die unter den gegebenen Rahmenbedingungen optimalen Lösungen zu finden und individuellen Service anzubieten. Dies ist nur möglich durch den herausragenden Einsatz der Kolleg/-innen aller Abteilungen im Homeoffice und vor Ort, die sich mit großem Engagement auf Veränderungen eingelassen haben.
Unsere Kommunikation untereinander ist derzeit sehr kreativ und vielfältig. Natürlich Telefon und E-Mail, darüber hinaus WhatsApp, Skype, Adobe Connect, Zoom, Teams, Rocketchat … . Wir sind noch auf der Suche nach dem optimalen Tool im Zusammenspiel mit unserer virtualisierten Infrastruktur und erleben die Schwierigkeiten einer zeitnahen Beschaffung zusätzlicher Webcams und Headsets.
Aber ja, es funktioniert – dank der Bereitschaft und mit dem guten Willen aller Beteiligten!
Dr. Fabian Franke
Direktor der
Universitätsbibliothek Bamberg
Feldkirchenstr. 21
96052 Bamberg
fabian.franke@uni-bamberg.de
http://www.uni-bamberg.de/ub/